Montag, 2. November 2009

Nicht fürs Leben lernen wir, sondern für die Katz

Heute gelernt: Ansatz war gut (und mutig, nicht zu vergessen MUTIG), Umsetzung war allerdings scheiße.

Montag, 3. August 2009

Raumfluchten


Es gibt Räume, man mag es nicht glauben, die rauben einem das "Ich selbst sein". Sie zwingen einem Langeweile und verquere Handlungsweisen auf. Jedes Mal arbeitet man gegen das Gefühl im Raum an. Doch: Nichts. Diese Räume gehören verboten.

Freitag, 31. Juli 2009

Seien Sie flexibel, erwarten Sie nichts und hören Sie auf zu nerven

Warum Kind und Kegel so ungemein über das zukünftige Lehrerdasein entscheiden....




Drei Bewerbungen in verschiedenen Bundesländern laufen. Mein Durchschnitt zeigt leider keine eins vor dem Komma, sondern hat sich auf eine fette 2, 0 eingepegelt. Ich finde das immer noch beachtenswert, wenn ich bedenke, dass mich stets das Gefühl beschleicht, in fünf Jahren Studium fast nichts gelernt zu haben, was mir später nützlich sein könnte.


Die erste Bewerbung habe ich bereits im August abgeschickt, doch es gilt sich bis Ende Februar zu gedulden. Bis dahin hört man es wieder überall schallen: Lehrer werden gesucht. Das Land braucht neue Lehrer. Na Prima, hier bin ich: stellt mich ein. Weil mich die Unruhe packt, rufe ich das eine oder andere mal beim Kultusministerium an. Man kann mir nichts sagen, fragt mich aber des Öfteren vorsichtig nach meinem Schnitt. Und ob ich verheiratet sei. Und ob ich Kinder hätte. Verwirrt schüttelte ich jedes Mal am anderen Ende der Leitung den Kopf. Ich bin doch erst Mitte 20. Ist es normal, dann schon Kinder zu haben? Ist das ein Einstellungskriterium?

Man halte sich fest, es ist ein Kriterium und auch kein kleines. Dafür, für Umstände, die irgendwie vollkommen wahllos dem Zufall überlassen sind und auch nichts über die berufliche Qualifikationen aussagen, gibt es so genannte Sozialpunkte. Die entscheiden zusätzlich zu den Notenpunkten, ob man eingestellt oder abgelehnt wird. Klasse Kriterium, ich weiß gar nicht warum man in der freien Wirtschaf nicht zuerst die Leute einstellt, die gebunden und unflexibel sind. Wäre auf jeden Fall mal eine schöne Zeitungsente zum ersten April.

Ich bekomme zwei Ablehnungen. Die dritte folgt ein paar Wochen später. Ich kann es nicht fassen. Fünf Jahre hat man ans Bein gebunden, sich durch die Prüfungen gequält um dann gesagt zu bekommen: In unsrem Bundesland ist kein Platz für Sie.
Neue Lehrer braucht das Land?! Wahrscheinlich. Was das Land auf jeden Fall nicht braucht, sind neue Referendare, soviel ist schon mal klar. Mir wird von einigen Seiten angeraten, das nächste Mal in einem Bundesland zu studieren, das den Fortlauf meines Bildungsganges gewährleisten kann. Stimmt, diesen Umstand hätte ich antizipieren können, ich Nuss!


Das Leben macht an dieser Stelle leider keine Pause, an der man ganz lange in sich hineinweinen und an sich selbst zweifeln kann. Das Leben macht einfach weiter. Und phantastische vier Wochen später habe ich eine Nachrückerzusage. Die sagt mir zwar auf die eine Art und Weise: Du Loser bist nachgerückt, aber auf die andere Art und Weise verkündet sie nun, dass der Abschnitt meines Lebens anbricht, auf den ich mich schon immer gefreut habe, den ich bei aller Plagerei im Studium nie aus den Augen verloren habe: Das Lehrerdasein!

Mittwoch, 29. Juli 2009

This is it - And it is big.

Ich bin kein fanatischer Michael Jackson Fan, habe ihn aber stets für eine faszinierende Persönlichkeit und einen der ganz Großen im Showbiz gehalten. Ich halte zu Teilen wenig von alle dem, was man ihm vorwirft - es bleibt nach wie vor für jeden Außenstehenden schwer, sich ein objektives Bild zu machen.

Am 07.07.2009 wurde der Jackson Memorial Service in Berlin in der O2 Arena übertragen - Kostenloser Eintritt, Trauer für die Massen. Wenn jemand wie der King of Pop ( oder der König Einsam , wie der Spiegel titelt) ablebt, darf man die Trauer auch in großem Maße teilen und nicht nur im stillen Kämmerlein zelebrieren, beschließe ich.

Der Ansturm auf die Arena hielt sich in Grenzen. Fans, die etwas in die zahlreichen Kameras singen oder sagen. Fans, die sich längst mit Pommes und Cola ausgerüstet haben. Die Halle ist bei meiner Ankunft um 18.15 Uhr erstaunlich ( oder sollte ich sagen: erschreckend) leer. Auf dem weißen, digitalen Banner finden sich liebevolle, gedenkende Worte wie : Moonwalk forever oder His music will live forever. Der Scheinwerfer strahlt einen Strauß Blumen und eine weiße Kerze unter den Bildschirmen an, auf denen die Zuschauer alles verfolgen können.

Man spielt einige große Hits des King of Pop - fühlt sich an wie ein großes Hörkonzert. Für mich eine neue Erfahrung, kollektives Musikhören in einer kreisrunden Halle. Nur der singende Protagonist auf der Bühne fehlt.

Gegen 18.30 Uhr füllt sich die Halle etwas. Ich komme nicht umhin mich zu fragen, ob es sich bei dieser Veranstaltung tatsächlich um eine Gedenkfeier für Michael jackson handelt, oder ob doch die meisten hineiströmen um die viel besprochende O2 Halle einmal zu sehen.

Es ist faszinierend, dass die Menschen nach den eingespielten Song applaudieren, als wäre ER noch da. Zwischendurch kommentieren zwei Moderatoren von Radio 1 die Veranstaltung. Sie befragen einige Fans nach dem Grund ihres Kommens. Ansich eine grundsolide Frage. Im Stillen frage ich mich natürlich, was die anderen Menschen hier wirklich herbewegt hat. Nach manchen Antworten weiß ich aber tatsächlich nicht mehr, ob ich lachen oder weinen soll.

Da steht beispielsweise der A. Schon wieder hat er Tränen in den Augen. Immerhin besaß er Karten für das erste Konzert der This is it Tour in London. Bei A. gehörte Michael jackson ganz selbstverständlich zur Familie. (Ob Michael davon wusste?) Deswegen vermisst er ihn schrecklich. Deswegen weint A.

Ein anderer Fan verkündet, es sei zu Jackos Geburtstag ein großes Get-Together von Fans an diversen Orten Deutschlands geplant. Das Interesse von Fernsehen und Rundfunk sei groß. Wir warten gespannt, was aus der Aktion wird. Die entsprechende Homepage: www.mj-revival.de

Der Memorial Service hat mit dem Gospelsong Soon we are going to see the king einen sehr gelungenden Auftakt. Die Massen in der Halle schweigen - doch ein bisschen Ergriffenheit neben der Volksfeststimmung...

Ohne jeden ersichtlichen Anlass gibt es dann an der Seite unseres Ranges ein kleines Blitzlichtgewitter. Mein Gott, denke ich. Mehr fällt mir nicht ein. Da steht die viel besprochene, der heutigen Generation nur noch aus POPSTARS bekannte, Nina Hagen. Eigentlich wollten ich und mein Nebenmann Mitte 50, der auch allein kam, doch nun die Show sehen. Nina Hagen plaudert noch ein bisschen mit den Reportern und lässt sich, während sie im Sekundetakt ihre Haare richtet, von zahlreichen tuschelnden Fans anstarren. Zu meiner Freude kommen sie und ihr Begleiter auch irgendwann auf die Idee sich zu setzen. Nina Hagen (ist sie nun eigentlich ein Star erster oder zweiter oder gar dritter Liga?) sitzt zwei Reihen vor mir. Das Gute daran ist: Nun habe ich zwei Filme, die gleichzeitig ablaufen. Auf den Bildschirmen die Trauerfeier, in den Reihen vor mir Nina Hagen, die jedes Lied, jede Rede kommentiert, dabei ihre Haare richtet, eine Träne vergießt und doch vollkommen bei der Sache zu sein scheint.

Die Show in der Halle erreicht eigentlich schon nach 15 Minuten für mich ihren Höhepunkt. Ab da leert sich nämlich die Halle. Es entfernen sich all jene currywurstessenden, schaulustigen Menschen, die der Englisch Sprache nicht oder eben nicht wirklich mächtig sind (nie waren, nie sein werden - man weiß es nicht) und sich nun eindeutig daran stören, dass die Übertragung nicht synchronisiert wird. Tja, hab ja immer gesagt: In Englisch aufpassen ist das A und O. Aber auf mich hört ja keiner.

Zum Ende der Trauerfeier wird auf unserem Rang viel gewunken, gesungen und getanzt. Nina Hagen allen voran. Und wenn sie sich nicht schämt, dann tun wir das auch nicht. Ich bin schon ergriffen. Die letzten Minuten stehen wir da - Die Nina, ich, ein paar Mädels vor mir, die nun Taschentücher in die Runde verteilen. Zusammen singen wir Heal the world. Welch schöne Botschaft.

Im Grunde...

Die wichtigste Figur in meinem Leben: Ellen Betram.

Mittwoch, 27. Mai 2009

Wüst

"Wenn alle Stricke reißen, kann man sich nicht mal mehr das Leben nehmen." [Flur, Bebeltower]

"Was macht das Volk? Es volkt nicht. [ Karte bei der Feier zum 60jährigen Bestehen des Grundgesetzes, Berlin]

"Sie stand da. Und wie sie stand, ließ den Stock in ihrem wunderbarem Hintern bis ins Unermessliche wachsen."


"Das Leben ist zu wenig Musik."

"Wenn wir alle den Mut besäßen, uns ab und an einzugestehen, dass wir dann und wann ein bisschen einsam sind, wäre das Im Großen und Ganzen gar nicht mehr so eine Schande."

Wie im Film


Der graue beton auf dem sie lag
War an vielen stellen bereits
Blutdurchtränkt

Die fingerspitzen aufgerissen
Auf dem nagel
Der letzte tropfen blut

Die lippen hatten bereits eine kokette
Leichtbläuliche färbung angenommen
So als wollten sie sagen
Mir egal.
Mir vollkommen
Und egal.

Ein kalter Schauer jagt
mir durch die Haut
aus dem Gedächtnis nie gelöscht.
Warum in jener Nacht
was hast du nur gedacht
was hat die Zweifel weggewischt?

Der schritt war leicht.
Es war nur ein schritt.
Es war dieses:
Ich kann nicht mehr.
Da dachte sie nicht an
Aufplatze schädel,
die ihr die würde nehmen würden.
Unverständnis bei den leuten hervorriefen.


Das große kopfschütteln trat näher.

Du warst für jeden Pfeil
schutzloses Ziel
für diese Welt zu viel Gefühl.
Was war der letzte Tritt
zum allerletzten Schritt

Sie war so brav jeden morgen
ihren dienst angetreten.
Hatte sich hochverschlossen,
so wie es gewünscht gewesen war.
Und hatte sich dabei im spiegel
Selbst nicht wieder erkannt.


Die fliegen setzen sich langsam nieder.
Das frische blut lockt.
Das ist wie im film.
Eklig.
Aber eklig muss sein.
Sonst wär’s ja nicht
Wie im Film.

Du hast dein Ende selbst gewählt
hast dich mit leben so gequält
doch war das fair? War das nicht feige?
Du gibst keinem mehr 'ne Chance.

Die geschäftige Stille hatte ihr den
Letzen Nerv geraubt.
Reden wollte sie.
Reden.
Und dabei aufrichtigen Blicken begegnen,
die ihr zuhörten
die ihren kleinen
und großen
ängsten
lauschen wollten.

Tod fühlt sich so warm an
Das dachte sie.
Während niemand kam um sie
Zu retten
So wie sie sich das immer ausgemalt hatte.
Das war doch der Sinn.
Dass jemand kommt um zu retten
In letzter sekunde
Reißt er
Die tür auf.
Und dann ist alles gut

Das leben ändert sich dann.
Die leute verstehen
Die abrundtiefe traurigkeit.
Und gehen mit dir.
Anstatt ständig gegen dich zu schlagen.

Erst wenn dein letzter Vorhang fällt
erst dann verliert die Welt
den Mut für dich, ich wünsch' dir trotzdem
alles Gute, da, wo du jetzt bist.
Ich wünsch' dir
noch ein Leben
noch ein Leben
noch ein Leben mit einer fairen Chance.

Das Gerinsel, das auf ihren Sehnerv
Drückt,
verhindert das klare wahr
nehmen der letzten Bilder
bevor sie
nun für immer die augen schließen kann.

Du hast dein Ende selbst gewählt
hast dich mit leben so gequält
doch war das fair? War das nicht feige?
Du gibst keinem mehr 'ne Chance.

Den Tod geprobt,
das Blut gespürt.
Das hat sie oft.
Doch nie gerührt.
Das war ihr nichts.
Am Ende noch gelobt.
Weil sie so freundlich lächelt.
Ja kotzen möchte sie,
des öftren auch erbrechen.

Die Tiefe Traurigkeit in dir
dafür fehlte das Gespür
hab ich ganz anders als dein Lächeln
im Trubel übersehn.




thx "noch ein leben" 4 the inspiration

Montag, 26. Januar 2009

Spontaneität bestraft das Leben oder: Wie ich kurz davor war, den Glauben an mich zu verlieren.

Eines habe ich am 21.01.2009 gelernt: Nicht wer zur spät kommt, bestraft das Leben. Nein, denjenigen der einmal spontan seinen Abend verplanen will, den trifft es besonders hart.

Letzten Mittwoch galt es sich zu entscheiden: Gehe ich zum „Neu – in – Berlin“ – Stammtisch und treffe viele neue, nette Leute oder wage ich mich alleine zum Konzert einer meiner liebsten Sänger. Schwere Entscheidung, dementsprechend lange dauerte die Haderungszeit. Ich beginne mich in jedem Falle um 16 Uhr für beide Fälle fertig zu machen. Frau braucht ja so ihre Zeit.




17: 00 Uhr

Ich grübele. Werde ich an der Abendkasse noch eine Karte bekommen? Wird sich das Geld lohnen? Sollte ich es lieber sein lassen? In der vollkommenen Naivität meiner Person klicke ich auf die Internetseite des Kartenhauses. Vielleicht kann man ja noch schnell online eine Karte kaufen. Irgendwie zu positiv gedacht, denn trotz spontaner Zückung meiner Kreditkarte weist mich das System darauf hin, dass es dafür schon zu spät sei. Ich solle doch bitte eine 01805…. Nummer zum Preis von 14 Cent die Minute anrufen.

17.20 Uhr

Bei diesem Kartenhaus nimmt niemand ab. Meine Finger trommeln ungeduldig auf den Schreibtisch. Ich höre mich selbst so etwas wie „ Ich will zu diesem Konzert“ brubbeln. ENDLICH – Die Erlösung: Ein netter Mann sagt mir, dass es noch 23 Karten gäbe. Ich schlucke – das ist eher weniger als ich gehofft habe. Er sucht mir netterweise noch eine Kartenvorverkaufsstelle in meiner unmittelbaren Umgebung heraus.




17.25 Uhr

Am Apparat der erwähnten Vorverkaufsstelle meldet sich eine unmotivierte, alte, unfreundliche, weibliche Stimme. Ich strahle sie durch das Telefon an, erzähle ihr wie gerne ich zu diesem Konzert möchte und dass ich gehört habe, es gäbe noch Karten. In gleicher Manier wie die Begrüßung ausfiel, höre ich nun „…wüsse sie nicht… könne sie nicht… habe sie schon so lange nicht mehr gemacht“. Außerdem würde sie um 18 Uhr schließen. Ich verzichte für den Moment darauf, sie durch das Telefon boshaft anzupöbeln und verabschiede mich mit „ Ich bin gleich bei Ihnen, schließen Sie bitte nicht vorher.“




17.30 Uhr

Ich renne aus dem Haus in Richtung U- Bahn Haltestelle. Gut, dass ich erst knappe zwei Wochen in Berlin wohnhaft bin und mich dermaßen gut auskenne… Mit hitzigen Wangen stiefele ich auf die Bahn zu, die mir just vor der Nase wegfährt. Mir entfährt ein unglaublich unweiblicher Fluch – der Herr neben mir schaut komisch. Nun heißt es sich acht Minuten voller innerer Unruhe gedulden. Das muss klappen, denke ich die ganze Zeit. Wenn das jetzt nicht klappt, drehe ich durch….

17.40 Uhr

Ich erreiche meine Endhaltestelle, die sich nur zwei Minuten Fahrzeit von meiner Ausgangsstation befand. Ich verzichte auch an dieser Stelle darauf vor Wut wahlweise Passanten anzuschreien. Heulen möchte ich trotzdem. Es ist dunkel, es gibt jede Menge Haupt- und Querstraßen und ich habe keine Ahnung wo ich hin muss. Entschlossen betrete ich eine Bäckerei und frage nach der Reinhardstraße. Kenne man nicht, hätte man nie gehört aber man wünsche mir viel Glück bei der Suche.




17. 45 Uhr

Die Zeit fließt dahin. Ich spreche einen Passanten an, der so aussieht, als könnte er helfen. „Reinhardstraße?“ Die sei doch am Hackeschen Markt. Mein Verzweiflungspegel steigt als mir plötzlich einfällt, dass ich ja die Rheinsberger Straße suche. Das muss ich in der Aufregung durcheinander gebracht haben. Der Mann gibt sein Bestes mir zu erklären, über welche große Kreuzung ich gehen müsse und welche Querstraßen beachtet oder nicht beachtet werden müssten. Ich höre nur noch „…lange Straße, nicht so einfach…“. Das hilft nicht. Entschieden breche ich ihn ab, wünsche noch einen schönen Abend und beschließe erstmal drauf loszurennen und den nächsten Passanten zu fragen. Schlimmer kann es ja kaum noch werden.





17.50 Uhr

Ich habe gefühlte 25 km zurückgelegt und zig rote Ampeln überquert. Zwischendurch wurden zwei ahnungslose Spaziergänger und ein Polizist von mir befragt. Ich gehe an jeder verwirrenden Abzweigung auf Nummer sicher. Die Zeit läuft mir immer noch davon. DA!!! Ich sehe das Schild auf dem der ersehnte Name Rheinsberger Straße steht. Doch die ist geteilt und vor lauter Schreck kann ich mich für keine Richtung entscheiden.





17.52 Uhr

Ich rufe die Frau in der Kartenvorverkaufsstelle an. Frage sie in aller Deutlichkeit nach der Hausnummer, die ich suchen müsste. Sie faselt etwas, was ich nicht verstehe. Ich wiederhole meine Frage nachdrücklicher. Sie faselt. Beim dritten Anlauf fragt sie patzig: „Wo sind Sie denn?“ Wo bitte soll ich denn sein? – In der Rheinsberger Straße natürlich. Ihre Antwort möchte ich an dieser Stelle im O- ton, in voller Länge und unkommentiert wiedergeben: „Aber die Vorverkaufsstelle ist doch in der Landsberger Allee. In der Rheinsberger Straße ist nur das Büro der Gesellschaft. Die Leute haben da um 17.00 Uhr Feierabend. Da kann ich Ihnen jetzt auch nicht helfen.“ Dass sie wahrscheinlich die letzte Person auf Erden ist, die mir bei irgendetwas helfen kann, habe ich weiß Gott schon bemerkt. Mit gepresster Stimme frage ich sie: „Was tun wir jetzt? Ich möchte zu diesem Konzert.“ Nachdem sie mir zum 100ten mal versichert, dass sie da jetzt auch nichts mehr tun könnte, lege ich auf. Wortlos.




17.55 Uhr

Es ist so weit: Ich schreie einen hilflosen, unschuldigen Autofahrer an, dessen Pech es ist, dass er etwas zu schnell um die Kurve biegt. Ich kenne eine Menge Kraftausdrücke. Er nun auch.




18.00 Uhr

Plan B gab es nicht. Plan C ist jetzt: trotzdem hinfahren. Also: wieder nach Hause, Sachen packen und los. Kurz vor 19 Uhr erreiche ich den Rosa Luxemburg Platz. Während ich mich da wieder hilflos umsehe, spricht mich ein Mann an. Ob ich zu eben jenem Konzert wolle? Perfekt. Das ist mein Mann, an den halte ich mich. In den nächsten fünf Minuten wird er allerdings nicht müde mir wieder und wieder zu versichern, dass das Konzert ausverkauft sei. Mein Vorrat an Kraftausdrücken ist für diesen Tag eindeutig erschöpft. Ich schweige demnach.



18:45 Uhr.

Die Schlange ist lang. Ich werde NIE IM LEBEN eine Karte bekommen. Diesmal gibt es einen Plan B, denn schließlich habe ich an der Universität Rostock studiert, da herrschen ähnliche Zustände. Das Motto nun heißt: stell dich einfach vorne an und ignoriere den Rest der Schlange, der dich töten möchte. Zwei Mädels, denen ich an dieser Stelle noch mal meinen ausdrücklichen Dank aussprechen möchte, gewähren mir Asyl an ihrer Seite.



19.15 Uhr

Der Einlass beginnt, mit Restkarten sieht es ganz schlecht aus. Außerdem gibt es dieses absurde System, dass man erst seine Garderobe abgeben müsse, bevor man den Saal betreten darf. Meine Güte, so langsam habe ich die Nase voll von Hindernissen. Ich drücke einem der Mädels Geld und Jacke in die Hand und bewege mich schnurstracks zur Abendkasse. Ohne ein weiteres Wort oder die Antwort abzuwarten reiche ich meinen Schein hinüber. Ich möchte nur noch diesen dämlichen Stempel. LOS. JETZT!

Dieses Mal geht alles gut – welch ein Wunder.



20.15 Uhr


Das Konzert beginnt und entschädigt wirklich für alle Mühen. Für die nächsten 2,5 Stunden gibt es nur noch meinen Sessel, den Sänger und das beruhigende Glas Wein in meiner Hand.